Umsetzung der Anti-Tax-Avoidance („ATAD“) und Auswirkungen auf luxemburgische Verbriefungsorganismen

Umsetzung der Anti-Tax-Avoidance („ATAD“) und Auswirkungen auf luxemburgische Verbriefungsorganismen

1       Hintergrund

Am 18. Dezember 2018 hat das luxemburgische Parlament den Gesetzesentwurf Nummer 7318 (sog. „ATAD 1 Gesetz“) verabschiedet, um die EU Anti-Tax Avoidance Directive 2016/1164 vom 12. Juli 2016 umzusetzen.

Folgende Maßnahmen sollen ab dem 01.01.2019 nach luxemburgischen Recht in Kraft treten:

  1. Begrenzung der Abzugsfähigkeit von Zinszahlungen („Zinsschranke“)
  2. Maßnahmen zur Wegzugs- bzw. Entstrickungs- und Verstrickungsbesteuerung
  3. Eine allgemeine Missbrauchsverhinderungsvorschrift
  4. Regelungen zur Hinzurechnungsbesteuerung
  5. Regelungen gegen hybride Gestaltungen

In diesem Artikel werden insbesondere die Auswirkungen der Zinsschranke auf luxemburgische Verbriefungsgesellschaften genauer erläutert. Verbriefungen sind eine flexible, kostengünstige und effiziente Methode der Kapitalbeschaffung. Aufgrund dessen und wegen der attraktiven rechtlichen Rahmenbedingungen des luxemburgischen Verbriefungsgesetzes ist die hohe Anzahl an Verbriefungsgesellschaften mit mehr als 1000 Gründungen seit 2004 nicht verwunderlich.

Das ATAD 1 Gesetz führte im luxemburgischen Steuergesetz zu einem neuen Artikel (168bis LIR), der die Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen limitiert.

Verbriefungsstrukturen sind in den vergangenen Jahren auch im Hinblick auf die Strukturierung alternativer Investments für institutionelle Investoren im deutschen Markt immer
attraktiver geworden.

Anders als bei den „klassischen“ Verbriefungen geht es nicht darum, bestimmte Vermögensgegenstände aus den eigenen Büchern zu entfernen, indem sie auf eine Zweckgesellschaft übertragen werden und Investoren durch die Zeichnung von Schuldverschreibungen der Zweckgesellschaft die Möglichkeit gegeben wird, in die Vermögensgegenstände sowie deren Chancen und Risiken zu investieren. Das Verbriefungsvehikel dient in den vorliegend interessierenden Konstellationen vielmehr als Zugangsvehikel für Investitionen in bestimmte alternative Investments.

In der Praxis wird vielfach auch von sog. Verpackungsstrukturen oder von strukturierten Verbriefungen gesprochen. Der Begriff der strukturierten Verbriefung ist unseres Erachtens vorzugswürdig. Der Begriff Verpackungsstruktur könnte Anleger dazu verleiten anzunehmen, dass es sich bei der Verbriefung nur um eine andere Verpackung desselben Produkts handelt. Häufig ist dies aber nicht der Fall, denn im Falle der Verbriefung von Fondsanteilen hält der Anleger eben keinen Fondsanteil mehr, sondern nur eine Schuldverschreibung, die reine Vermögensrechte und keine Verwaltungsrechte vermittelt. Nicht selten sind auch die Zahlungsströme anders (insbesondere bei einem Rating der Schuldverschreibungen).

Die Gründe, warum Marktteilnehmer Verbriefungsstrukturen aufsetzen, sind vielfältig. Häufig nachgefragt sind diese Strukturen bei regulierten institutionellen Anlegern. Sie
verfolgen bestimmte aufsichtsrechtliche Ziele, z.B. weil eine Schuldverschreibung anderen Quoten unter der Anlageverordnung (ABS, andere Schuldverschreibung, Genussrecht) zuzuordnen sein kann oder eine andere Einordnung unter

Solvency II (Spreadrisk-Modul) angestrebt wird. In steuerlicher Hinsicht wird ein Verbriefungszugang bisweilen gewählt, weil steuerbefreite Investoren bei Zeichnung einer Schuldverschreibung anders als bei einem Investment in eine (gewerbliche) Personengesellschaft) ihre Steuerbefreiung nicht gefährden. Ähnlich ist dies bei Spezial-Investmentfonds nach Kapitel 3 des Investmentsteuergesetzes (InvStG), die nur die in § 26 Nr. 4 InvStG aufgeführten Vermögensgegenstände erwerben dürfen, wozu Wertpapiere zählen, nicht aber Anteile an (gewerblichen) Personengesellschaften.Wirtschaftlich kann der Erwerb von solchen Schuldverschreibungen  für Portfoliomanager attraktiv sein, weil sich auf diese Weise zinstragende Investments strukturieren lassen, die ggf. deutlich höhere Zinsen (bei natürlich gleichermaßen erhöhten Risiken) ermöglichen, als dies sonst im aktuellen Niedrigzinsumfeld bei klassischen Wertpapieren möglich ist. Schließlich kann ein solches Zugangsvehikel im internationalen Vertrieb hilfreich sein, weil institutionelle Investoren in
vielen Ländern Wertpapiere in der Regel verstehen und in ihre Prozesse bzw. Systeme integrieren können, während sie bei Investments in unbekannte Fondsvehikel ggf. deutlich zurückhaltender sind

Das neue Gesetz besagt, dass die Zinsaufwendungen zukünftig bezüglich ihrer steuerlichen Abzugsfähigkeit einer genaueren Prüfung unterzogen werden müssen, unabhängig davon, ob diese aus Gesellschafterdarlehen, Bankdarlehen oder aus sonstigen Finanzierungen in- oder ausländischer Fremdkapitalgeber resultieren.

2       Prinzip der Zinsschranke

2.1       Beschränkung der Abzugsfähigkeit

ATAD 1 schreibt vor, dass die Zinsaufwendungen eines Betriebs nur in Höhe des Zinsertrags desselben Betriebs in einem Wirtschaftsjahr unbeschränkt als Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig sind.

In Deutschland greift das Prinzip der Zinsschranke bereits seit 2007 und stimmt in weiten Teilen mit der neuen Regelung in Luxemburg überein.

Beispiel 1: Die H-GmbH (Holding-Gesellschaft im Konzern) hat im Wirtschaftsjahr 2018 Zinsaufwendungen aus Bankdarlehen in Höhe von 5 Mio. €. Zugleich erzielt sie aus der Vergabe von Darlehen an ihre Tochtergesellschaften Zinserträge in Höhe von 5,5 Mio. €.

  • Die Zinsaufwendungen sind vollständig abziehbar, da die Zinserträge die Zinsaufwendungen um 0,5 Mio. € übersteigen.

Falls Zinsaufwendungen die Zinserträge übersteigen, darf der Zinssaldo (Differenz aus Zinsaufwendungen und Zinserträgen) nur bis zur Höhe von 30% des EBITDAs abgezogen werden.

Der EBITDA wird wie folgt berechnet:

     Steuerbilanzieller Gewinn

+   Zinsaufwendungen

./.  Zinserträge

+   AfA (Absetzung für Abnutzung)

=   steuerliches EBITDA

Beispiel 2: Die Z-GmbH & Co. KG erzielt im VZ 2018 einen steuerbilanziellen Gewinn i.H.v. 7 Mio. €. In diesem Gewinn sind Zinserträge i.H.v. 1 Mio. € und Zinsaufwendungen i.H.v. 3,5 Mio. € enthalten. Zudem hat die KG Abschreibungen auf AV i.H.v. 2,5 Mio. € angesetzt.

  • Das steuerliche EBITDA beträgt 12 Mio. €, 30% des steuerlichen EBITDAs betragen 3,6 Mio. €. Somit sind die Zinsaufwendungen in Höhe von 2,5 Mio. € vollständig abziehbar

2.2       EBITDA-Vortrag

Die Höhe des EBITDAs, die den Zinssaldo eines Betriebs in einem Wirtschaftsjahr übersteigt, ist durch einen EBITDA-Vortrag in die nächsten fünf Wirtschaftsjahre vorzutragen. Zinsaufwendungen, die das verrechenbare EBITDA des laufenden Geschäftsjahres übersteigen, sind bis zur Höhe der EBITDA-Vorträge aus vorangegangenen Wirtschaftsjahren abziehbar und mindern die EBITDA-Vorträge in ihrer zeitlichen Entstehungsreihenfolge. Wird der EBITDA-Vortag bis zum Ende des fünften Wirtschaftsjahres nicht verbraucht, verfällt er.

Beispiel 3: Ein Betrieb verfügt im Wirtschaftsjahr 2018 über ein steuerliches EBITDA i.H.v. 20 Mio. €. Der Zinsaufwand beträgt 4 Mio. €. Eine Ausnahme von der Zinsschranke ist nicht anwendbar.

  • 30% des EBITDAs sind 6 Mio. €. Somit sind die Zinsaufwendungen vollständig abziehbar und die EBITDA-Vortag beträgt 2 Mio. €.

2.3       Zinsvortrag

Nicht abziehbare Zinsaufwendungen sind, anders als beim EBITDA-Vortrag, unbeschränkt in folgende Wirtschaftsjahre vorzutragen. Dies erhöht in den Folgejahren die Zinsaufwendungen, allerdings nicht den maßgeblichen Gewinn. Nicht abziehbare Zinsaufwendungen eines Geschäftsjahres sind also, unter Beachtung der Zinsschranke, in den folgenden Geschäftsjahren weiterhin abzugsfähig.

3       Escape-Klauseln

Allerdings entstehen durch Erfüllung von sogenannten Escape-Klauseln Möglichkeiten, um von der Zinsschranke befreit zu werden:

3.1       Zinsaufwendungen unter 3 Mio. €

Ist die Differenz zwischen Zinsaufwendungen und Zinserträgen kleiner als 3 Mio. €, so sind die gesamten Zinsaufwendungen unbeschränkt und vollständig steuerlich abziehbar. Übersteigt der Zinssaldo aber die Freigrenze in Höhe von 3 Mio. €, so unterliegen die gesamten Zinsaufwendungen der Zinsschranke, da es sich in diesem Fall nicht um einen Freibetrag handelt.

3.2       Konzernklausel

Die Zinsschranke ist ebenfalls nicht anwendbar, falls der Betrieb nicht oder nur anteilsmäßig zu einem Konzern gehört, wenn ein Betrieb also nicht mit einem oder mehreren Betrieben konsolidiert wird oder konsolidiert werden kann und die Finanz- und Geschäftspolitik eines Betriebs mit einem oder anderen Betrieben nicht einheitlich bestimmt werden kann (in Luxemburg: Beteiligung < 25%)

3.3       Eigenkapitalquote

Ist die Eigenkapitalquote eines konzernzugehörigen Betriebs am Schluss des vorangegangenen Abschlussstichtages gleich hoch oder um höchstens 3% höher als die des Konzerns, verfällt die Zinsschranke ebenfalls. Die Berechnung der Eigenkapitalquote des Betriebes erfolgt dabei auf Grundlage des Jahresabschlusses bzw. des Einzelabschlusses, wohin gegen die Eigenkapitalquote des Konzerns auf Grundlage des Konzernabschlusses ermittelt wird. Zu beachten ist, dass einheitliche Rechnungslegungsstandards (z.B. nach IFRS) und eine einheitliche Ausübung von Wahlrechten sicherzustellen, um eine unanfechtbare Vergleichbarkeit der Eigenkapitalquoten sicherzustellen. Weiterhin müssen beim Einzelabschluss folgende Anpassungen vorgenommen werden:

  • Das Eigenkapital ist um einen im Konzernabschluss enthaltenen Firmenwert zu erhöhen, soweit dieser auf den Betrieb entfällt
  • Das Eigenkapital ist um die Hälfte von Sonderposten mit Rücklageanteil zu erhöhen
  • Das Eigenkapital ist um das Eigenkapital, das keine Stimmrechte vermittelt, zu kürzen (Ausnahme: Vorzugsaktien)
  • Das Eigenkapital ist um Anteile an anderen Konzerngesellschaften zu kürzen
  • Das Eigenkapital ist um Einlagen der letzten sechs Monate vor dem maßgeblichen Abschlussstichtag, soweit ihnen Entnahmen der Ausschüttungen innerhalb der ersten sechs Monate nach dem maßgeblichen Abschlussstichtag gegenüberstehen, zu kürzen.
  • Die Bilanzsumme ist um konzernintern weitergereichtes Fremdkapital zu kürzen.
  • Sonderbetriebsvermögen ist dem Betrieb der Mitunternehmerschaft zuzuordnen, soweit es im Konzernvermögen enthalten ist.
  • Als Eigenkapital von Personengesellschaften ist mindestens das Eigenkapital nach den Vorschriften des HGB anzusetzen (auch im Konzernabschluss!).

Speziell in Luxemburg sind weiterhin diejenigen (Verbriefungs-) Gesellschaften von der Zinsschranke befreit, die vor dem 17. Juni 2016 Verträge mit Fremdkapitalgebern abgeschlossen haben, wenn diese unverändert geblieben sind.

4       Fazit

Letztendlich lässt sich zusammenfassen, dass die Umsetzung der EU Anti-Tax Avoidance große Auswirkungen auf luxemburgische (Verbriefungs-) Gesellschaften und deren Steuerbemessungsgrundlage hat. Wahlrechte werden demnach zukünftig so ausgeübt, dass das steuerbilanzielle Ergebnis hoch ausfällt, um mehr Zinsaufwendungen abziehen zu können.

Zwar sind entsprechende Ausstiegsklauseln vorhanden, um der Zinsschranke nicht zu unterliegen, allerdings sind diese Bedingungen v.a. bei Verbriefungsgesellschaften (z.B. ein Zinssaldo von unter 3 Mio. €) schwierig zu erfüllen.



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